60 Jahre Narrenbaum vu Übersee

60 Jahre Narrebom vu Übersee
Geschichte des Narrenbom über den See


Texte im Jubiläumsbuch 100 Jahr ” Sipplingen, ein Dorf feiert Fasnacht” :
1963 war die große Seegfrörne — der Bodensee war nach wochenlangem harten Frost komplett zugefroren, was zuvor letzt­mals in den Jahren 1830, 1795 und 1695 geschehen ist. Ein extrem kalter Sommer, lang anhaltende Ostwinde und sehr kaltes Wetter in Herbst und Winter sind erforder­lich, damit der Bodensee im Januar oder Februar vollständig überfriert. 1963 ist dies letztmals geschehen und die Eisschicht war so dick, dass abertausende Menschen den Bodensee überqueren konnten; sogar Autos fuhren über das Eis ans gegenüber liegende Ufer. Es war also nichts besonderes, dass die Sipplinger Narren, die schon seit Jahrhun­derten freundschaftliche Beziehungen in der Fasnachtszeit zur Gemeinde Bodman pfleg­ten (Fasnetküchlefahrt 1576) sich einen Narrenbaum vu Übersee, also von der ande­ren Seite des Überlinger Sees aus den Waldungen des Grafen Bodman holen woll­ten. Fasnachtspräsident Heinz Rossdeutscher und Ernst Biller verhandelten mit Graf Bod-man und konnten dessen Zustimmung für den Einschlag eines Narrenbaums erhalten.

Treffen bem Bäscherle zum Abmarsch

Am 16. Februar 1963 marschierte also eine ordentliche Mannschaft Sipplinger Narren über das Eis des Bodensees in Richtung Bodanrück. Es war aber extrem nebelig und deshalb entschloss man sich, einen Voraustrupp zu bilden, damit die ganze Narrengesellschaft den Weg über das Eis findet.

Warten am See

Gemeldet hat sich der ehemalige Fremdenlegionär Kurt Senf, der einen Kom­pass besaß und so die Richtung über den See bestimmen konnte. Frohgelaunt machte sich also die ganze närrische Truppe auf den Weg, um den Narrenbaum einzuholen – allen voran Fremdenlegionär Senf mit einem sicheren, und zufriedenen Gesichtsausdruck und dem Kompass in der Hand. Die Sipplinger Narren marschierten eine Stunde durch den undurchdringlichen Nebel ehe sie schemenhaft Land sehen konnten. Das Ufer ist erreicht, der Bodanrück in Sicht, jubelten die Sipplinger Narren. War es viel­leicht das Schnäpschen als wirksames Gegenmittel gegen die große Kälte oder war es die Axt über der Schulter, die den Kompass verwirrte, denn nach wenigen Metern mus­sten sie feststellen, dass sie beim Nikase- (Franz Schirmeister) angekommen waren.
Sie waren also in einer Stunde in einem großen Bogen vom Landungsplatz übers Eis zum östlichen Ortsende gelaufen! Hohn und Spott über­häuften den „Fährtensucher” Senf mit sei­nem Kompass.
Die Sipplinger aber ließen sich nicht ent­mutigten. Sie versuchten es noch einmal, denn inzwischen hatte sich der Nebel ein klein wenig gelichtet. Weil aber seit dem ersten Versuch der Bodenseeüberquerung schon sehr viel Zeit vergangen war, schickten sie ein paar Schlittschuhläufer voraus in Richtung Bodanrück, denn dort wartete der Förster von Bodman, der den Sipplingern den richtigen Baum zum Einschlag anweisen sollte. Und glücklicherweise erreichten die Schlittschuhläufer das gegenüberliegende Ufer bald und konnten den Bodmaner Förster, der schon vergebens seit einer Stunden auf die Sipplinger gewartet hatte, vertrösten. Er wollte schon unverrichteter Dinge wieder nach Hause gehen.
Nach Ankunft der Sipplinger zeigte ihnen der Förster eine Tanne, die sie als Narren­baum schlagen konnten. Aber die Sipplinger waren damit nicht zufrieden, denn der Baum erschien ihnen zu klein. Narrenpräsident Heinz Rossdeutscher verlieh dem Förster kurzerhand den Sipplinger Trube-Kriese-Rätscher-Orden, worauf dieser sprach:
“Hauet halt an ab, isch mir doch egal”.
Die Sipplinger Zimmerleute suchten sich daraufhin einen mächtigen Baum aus, den sie fällten. Ganze 35.5 m war der Baum lang, der nun am Seil den Berg hinunter zum Bodensee gezogen werden musste. Nahezu 2 m3 Holz wurden mit „Hauruck” Meter um Meter durch das Unterholz gezerrt, bis schließlich der „gräf­liche Narrenbaum” auf dem Eis lag. 
Trotz der großen Kälte in Schnee und Eis kamen die Sipplinger Zimmerleute ordentlich ins Schwitzen.Dann ging es zurück über den See. Drei Kilometer über das Eis musste der schwere Baum gezogen werden. Damit der Baum­wipfel (Dolden) keinen Schaden erlitt, wurde er auf einen Holzschlitten (Schlitten, mit dem früher Holz die Hänge herunter transportiert wurde) vom Josef i de Gasse (Josef Widenhorn, Am Brunnenberg) gelegt.

Um 2 Uhr mittags kam der Trupp mit Narrenbaum am Landungsplatz in Sipplingen an.Die ganze Sipplinger Bevölkerung warte­te schon am Landungsplatz auf das einmalige Spektakel des Narrenbaums von Übersee. Berthold Schirmeister (Sternenwirt) hat die tapferen Wanderer über das Eis mit einer Flasche Cocnac begrüßt und Fasnachts-präsident Heinz Rossdeutscher gab bekannt, dass für alle, die den Narrenbaum über den See gebracht haben, zur Stärkung im Gast­haus Linde ein Vesper und 5 Halbe Bier bereit stehen.

Der 35,5 m lange Narrenbaum wurde zwar unversehrt übers Eis nach Sipplingen ge­bracht, konnte allerdings am nächsten Tag nicht aufgestellt werden. In der Nacht hatten Unbekannte den Baum derart angesägt, dass Bruchgefahr bestand. Bis heute ist nicht bekannt, wer der oder die Übeltäter waren. Aber schon damals wurde in Sipplingen gemunkelt, dass die Täter aus Bodman oder Ludwigshafen gekommen waren, denn die jungen Burschen aus den Nachbargemeinden hatten sich schon immer gegenseitig geär­gert oder wegen der Mädchen beim Tanz auch gelegentlich geschlagen.
Alte Ludwigshäfler Narren erzählen heute noch, dass auch sie damals einen Narrenbaum von Bodman übers Eis holen wollten, “aber mir hont jo kon kriegt vum Graf”

Im Protokollbuch der Fastnachtsgesellschft sind die Namen der Sipplinger vom 16. Februar 1963 festgehalten.

Beirer Adolf            

Beirer Arnold           

Beirer Gerold           

Biller Ernst                           

Biller Joachim                   

Bühler Walter                   

Bülow Herbert                  

Ehrle Friedhelm                   

Grieser Bruno                      

Grieser Herbert                   

Hagg Kunibert                   

Harder Berthold                  

Keßler Herbert                     

Lindemann Robert                                

Märte Johann                    

Märte Stefan                     

Neumeier Martin              

Raff Fidel                              

Raff Karl                             

Regenscheit Georg   

Roßdeutscher Heinz  

Seiberle Albrecht          

Seiberle Mammert               

Seiberle Norbert                

Seiberle Guido                 

Widenhorn Winfried           

Stengele Edeltrud               

Popp Irma     

40 Jahre Bom vu Übersee 2003

30 Jahre Bom vu Übersee 1993

Diese Seite verwendet Cookies, um die Nutzerfreundlichkeit zu verbessern. Mit der weiteren Verwendung stimmst du dem zu.